Ästhetische Eigenzeiten – Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne

Dramatische Eigenzeiten des Politischen

Michael Gamper (Berlin), Peter Schnyder (Neuchâtel)

Teilprojekte Phase: 1. 2.

Dramatische Eigenzeiten des Politischen

Laufzeit

  1. April 2014–31. März 2017

Beschreibung

Das Teilprojekt hat zeitbezogene dramenästhetische Fragestellungen mit Untersuchungsperspektiven verbunden, welche die Emergenz neuer geschichtlicher und politischer Zeitregime seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Blick nehmen. Dabei gerieten Verzeitlichungsszenarien der Geschichte im Übergang zum Historismus genauso in den Fokus wie die sich verändernden zeitlichen Ordnungen des Politischen, die sich durch den Umbau des Feudalsystems in einen Verwaltungsstaat, durch die Beschneidung von personaler Handlungsmacht durch Gesetzesherrschaft, durch mediale Veränderungen der politischen Kommunikation oder durch die Kritik des Naturrechts aus der Sichtweise einer longue durée der politischen Gemeinschaft in der ›politischen Romantik‹ ergeben. Diese semantischen, medialen und konzeptuellen Verschiebungen wurden dabei stets auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Logik und Ästhetik der Darstellung betrachtet.

Das Drama eignet sich als Vermittlungs-, Darstellungs- und Reflexionsmedium solcher zugleich epistemologischen und poetologischen Veränderungen, da es wirkmächtigen gattungsgeschichtlichen formalen Vorgaben unterliegt, gleichzeitig aber, durch seine Einbindung in die sich seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verändernde Institution des Theaters, sensibel für Veränderungen in der gesellschaftlichen Sphäre ist und sich programmatisch auf die Öffnung zukünftiger Möglichkeitsräume verlegt. Es entwirft aufgrund seiner gattungsspezifischen Anlage notwendigerweise eine immer neue und eigene immanente zeiträumliche Ordnung, die jeweils in einem mehr oder weniger ausgeprägten Kontrast zu den Zeit-Ordnungen seines Entstehungskontextes steht. Darüber hinaus ist das einzelne dramatische Werk aber auch geprägt von den Spannungen zwischen dem in der Vergangenheit liegenden Stoff und der Situation in der Gegenwart der Abfassung sowie zwischen der Vergangenheit der Abfassung und der Gegenwart der Aufführung. Und angesichts der durch Aufführung oder Lektüre wechselnden historischen Aktualisierungen lässt es immer neue zukünftige Zeithorizonte aufscheinen.

Die übergreifende zeittheoretische Leitperspektive war also, wie in literarischen Dramen zwischen 1770 und 1850 durch die Thematisierung politischer Handlungen und Ereignisse die veränderten Rhythmen und Zeitstrukturen in der Politik unter den Bedingungen der gattungsspezifischen Zeitverhältnisse des Dramas inszeniert und reflektiert werden. Auf dieser Grundlage ergab sich eine Reihe von konkreten Fragestellungen, die an ausgewählten Texten unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Aufführungspraxis und der jeweiligen Kontexte untersucht wurden.

Projektleiter

Prof. Dr. Michael Gamper (Freie Universität Berlin)
Prof. Dr. Peter Schnyder (Université de Neuchâtel)

MitarbeiterInnen

Lisa Bergelt (Leibniz Universität Hannover)
Markus Wessels (Leibniz Universität Hannover)