Ästhetische Eigenzeiten – Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne

Von der Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen. Synchronizität, Simultanität und Superposition im zeitgenössischen Roman und Film

Sabine Zubarik (Erfurt)

Teilprojekte Phase: 1. 2.

Von der Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen: Synchronizität, Simultanität und Superposition im zeitgenössischen Roman und Film

Laufzeit

  1. Februar 2014–31. Juli 2017

Beschreibung

Das Forschungsprojekt war in der Allgemeinen und Vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft angesiedelt und hatte die Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen zum Gegenstand: Es untersuchte zeitgenössische Erzähltexte und Filme, die mit unterschiedlichen Mitteln zeitgleich stattfindende oder alternativ mögliche Ereignisse im Verlauf des Erzählens präsentieren. Trotz des Nacheinanders der Anordnung werden dort Synchronizität und Überlagerung dargestellt und Konzepte von parallelen und mehrdimensionalen Zeiten im Lese- oder Sehprozess erfahrbar gemacht.

Während mit der Linearität und Chronologie als Ordnungsprinzip einer Geschichte gebrochen wird, ist dieser Bruch gerade nur deshalb darstellbar, weil Verfahren der Linearität und der chronologischen Abfolge auf anderer Ebene als der inhaltlichen nutzbar gemacht werden. Zwar tritt Kontingenz als Gegenprogramm zu narrativer Kohärenz auf, indem Geschichten sich nicht schließen, Kapitel nicht nach vorgegebener Kausalität aufeinanderfolgen, Anfang und Ende nicht ihre gegenseitige Erfüllung finden; dennoch ist die Zeitlichkeit des Erzählens nicht einfach aufgehoben, Willkürlichkeit und Chaos treten nur scheinbar an den Platz von Abfolge und Ordnung. Auch im intendierten nichtlinearen Erzählen durchdringt Diachronizität den Erfahrungsraum des Synchronen, indem jeder Rezipient mit der selbst gewählten oder vom Medium vorgeschlagenen Abfolge eine produktive wie auch rezeptionsästhetische Eigenzeit begründet.

Jenseits von der Entscheidung über Chronie oder Achronie wird auf eine Weise mit Zeitlichkeit umgegangen, die beides nicht ausschließt, sondern Chronologisches im Achronologischen und vice versa erfahren lässt. Die gewählten Formen der Darstellung versuchen dabei, ihr Medium (Blatt, Buch, Film, Serie) kreativ auszuschöpfen sowie gleichermaßen zu hintergehen, indem übliche Mechanismen und Konventionen, wie das Blättern in eine Richtung, die Nummerierung von Kapiteln oder Serienfolgen und die Forderung nach Kontinuität unterminiert werden.

Projektleiterin

Dr. Sabine Zubarik (Universität Erfurt)