Publikation: Michael Ostheimer, »Zwischen sozialistischer Verlangsamung und kapitalistischer Beschleunigung. Heiner Müller als Zeitdenker und Mythopoet«
Erschienen in: Berliner Debatte Initial 26 (2015), H. 3, S. 16–26.
Abstract
Der Beitrag profiliert Heiner Müller als katastrophengierigen Mythopoeten, d.h. als Autoren, der Mythen transformiert und dadurch für die Gegenwart anschlussfähig macht. Vor dem Hintergrund der divergierenden Zeitregime in Ost- und Westdeutschland wird aufgezeigt, wie Müller nach dem Epochenumbruch 1989/1990 seine an Benjamin orientierte Geschichtsphilosophie in der lyrischen Nachwendeproduktion reformuliert. Die kulturelle Fremdheit der Ostdeutschen im vereinigten Deutschland wird auf der Ebene der Zeiterfahrung reflektiert und als temporale Entfremdung artikuliert, der man nur mit einer Unterbrechung der geschichtlichen Fortschritts- und Beschleunigungsynamik beikommen könne, mit einem Geschichtsdenken, das den Mythos erschließt und seine moralisch-politischen Potenziale aktualisiert.
Michael Ostheimer · 19. November 2015, 11:33 Uhr