Arbeitspapier zu »Mathematische Apparate in Ökonomik und Ökonomie: Performativität, Veridiktion, Apparat«
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In diesem Arbeitspapier werden erste thesenartige Ergebnisse eines Forschungsprojekts im Rahmen des SPP 1688 vorgestellt. Die Frage, die im Mittelpunkt steht, betrifft die Bedingungen der »performativen« Wirksamkeit der gegenwärtigen Mathematical Finance: Wie kommt es, dass sie scheinbar direkt aus dem Diskurs der Wissenschaftler in die Handelssysteme der Börsenhändler einmünden kann?
Um diese Frage zu bearbeiten, wird zunächst das Performativitätstheorem in der Social Studies of Finance diskutiert und um zwei Ansätze erweitert bzw. in sie überführt. Die Performativität der Mathematical Finance kann demnach verstanden werden, erstens, als Diskurs der Veridiktion im Sinne Foucaults und, zweitens, als Bestandteil eines »Apparats« im Sinne Rabinows. Während ökonomische Veridiktion eine wissenschaftlich angeleitete, normative Setzung eines Interpretationsrahmens meint, innerhalb dessen auch nichtökonomische Prozesse der ökonomischen Beurteilung anheimfallen, bezieht sich der Begriff des Apparats auf Handlungs- bzw. Effektzusammenhänge, die nicht mehr bestimmten Intentionen, Motivationen oder lokalen Bedingungen zuschreibbar sind, sondern als Folge routinehafter Prozessierungen ins Werk gesetzt werden.
Veridiktion als auch Apparat beruht im Falle der Ökonomie auf der Auskristallisierung einer Bezugswissenschaft der Ökonomik, welche zwei Eigenschaften hervorbringen muss: Sie kann ihre Ontologien unmittelbar in Handeln an die Ausdifferenzierung von empirischen Märkten einspeisen und sie ist in der Lage, Krisen durch eigene Routinen zu begegnen. Diese Eigenschaften zeigen sich insbesondere in der den Modellen impliziten Zeitlichkeitsordnungen. Diese Besonderheiten der Mathematical Finance werden durch eine Kontrastierung zu Léon Walras’ Modell der Preisbildung durch tâtonnement (Auktionierung) herausgearbeitet, weil Walras’ Modell, obzwar es einen hohen Grad an Mathematizität und Szientizität aufweist, beide genannten Eigenschaften fehlen.
Andreas Langenohl · 7. August 2014, 13:49 Uhr