Ästhetische Eigenzeiten – Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne

Biologische Zeiten. Medien, Techniken und Architekturen epistemischer Temporalität

Henning Schmidgen (Weimar)

Teilprojekte Phase: 1. 2.

Biologische Zeiten. Medien, Techniken und Architekturen epistemischer Temporalität

Die Lebenswissenschaften haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einem tiefgreifenden Wandel in unserem Verständnis und unserer Erfahrung von Zeit geführt. In Laboratorien der Mikro- und Entwicklungsbiologie, aber auch in Operationsräumen und auf Intensivstationen wurden eine Vielzahl von Verfahren entwickelt, die darauf zielen, unsere Lebenszeit zu verlängern: von Organtransplantationen über die Kontrolle des Zelltods bis hin zum Klonen. Obwohl sich diese Entwicklungen durchaus unabhängig voneinander vollzogen haben, eint sie die Vorstellung, dass Zeit nicht allein ein externes Maß des Lebens ist, sondern ebenso als ›interner Operator‹ des lebenden Organismus fungiert. Unser Projekt zielt darauf ab, ausgewählte Aspekte dieser Entwicklungen mit Blick auf die dabei involvierten Medien, Techniken und Architekturen historisch zu rekonstruieren.

Orientiert an neuerer Wissenschaftssoziologie und Historischer Epistemologie gehen wir davon aus, dass die Herstellung und Darstellung spezifisch biologischer Zeiten von der Entwicklung, Gestaltung und Verbreitung komplexer Forschungsmaschinen nicht zu trennen ist, die neben einer bestimmten Materialität (Instrumente, Modellorganismen, Aufzeichnungsflächen usw.) auch über eine bestimmte Semiotizität (Zahlen, Kurven, Bilder usw.) verfügen. Weiter nehmen wir an, dass sich am Leitfaden dieser Forschungsmaschinen die spezifischen Zeiten der Biologie – die Eigenzeit der Forschung ebenso wie die Eigenzeit von Organismen – in die Geschichte der modernen Kultur und Gesellschaft einschreiben lassen.