Ästhetische Eigenzeiten – Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne

Sprachliche Appräsentationen materialer Zeiterfahrung. Das Verhältnis von dingästhetischem und sozialem Sinn in Zeitmetaphern

Hartmut Rosa (Jena), Sabine Ziegler (HU Berlin/Jena)

Teilprojekte Phase: 1. 2.

Sprachliche Appräsentationen materialer Zeiterfahrung. Das Verhältnis von dingästhetischem und sozialem Sinn in Zeitmetaphern

Das Sprichwort: »Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht«, ziert eine deutsche Parkgarage. Es evoziert zwei unterschiedliche Erfahrungen: Fast unmittelbar leiblich ist das Reißen der Grashalme darin als quasi-materiale, ästhetische Erfahrung gegenwärtig, obwohl die propositionale Satzstruktur es nicht enthält. Zugleich versteht man im sozialen Sinnkontext den Satz als metaphorische Kritik: Wer den Dingen nicht ihre Zeit lässt, wird sie zerstören.

Das interdisziplinäre Kooperationsprojekt von Soziologie und Linguistik untersucht die Beziehung dieser beiden Ebenen von Zeitlichkeit entlang von vier miteinander verzahnten Leitfragen:

  1. Wie werden durch den Gebrauch von Zeitmetaphern dingästhetische Erfahrungsweisen, insbesondere dingästhetische Eigenzeiten, sprachpragmatisch aktualisiert und mit sozialer Bedeutung aufgeladen?
  2. Wie sind solche Zeitmetaphern in die kulturelle und institutionelle Praxis von Gegenwartsgesellschaften integriert?
  3. Welchen Veränderungen unterliegen metaphorische Sprachstruktur und Praxis seit dem 18. Jahrhundert?
  4. Welche Erkenntnisse über den Wandel dinglicher, zeitlicher und sozialer Weltbeziehungen in der spätmodernen Gegenwart können aufgrund der charakteristischen ›Doppelcodierung‹ von Zeitmetaphern (dingästhetische und soziale Bedeutung) aus Art und Ausmaß ihrer Verbreitung gewonnen werden?