Das Anthropozän denken. Ein Workshop zu Timothy Morton (Wien, 20.11.2014)
Konzeption: Eva Horn (Wien), Bernhard Malkmus (Ohio State/IFK Wien)
Timothy Morton gehört zu den profiliertesten und zugleich streitbarsten Vertretern eines neuen ecocriticism. Gegenstand des Workshops waren Mortons jüngste Publikationen »Hyperobjects« (2013), »The Ecological Thought« (2010) und »Ecology without Nature« (2009). Während Morton in »Ecology without Nature« noch stark auf klassische europäische Theorietraditionen zurückgreift, um den amerikanischen ecocriticism und dessen romantischen Naturbegriff zu kritisieren, greifen die beiden späteren Bücher stark auf Positionen der object-oriented ontology zu. In ihnen steht weniger die Kritik konventioneller Naturentwürfe als vielmehr der Versuch einer Neuperspektivierung von Natur und Mensch im Vordergrund.
Entsprechend hatten Vorträge und Diskussionen des Workshops zwei thematische Schwerpunkte: Zum einen wurden die Spannungen zwischen Mortons Argumentation für die Abkehr von einem traditionellen, insbesondere romantisch geprägten Naturbegriff und der Inhomogenität der modernen Imaginationen und Präsentationen von Natur formuliert. Exemplarisch wurden dazu einige der vielen Bezugnahmen auf Theorien und Ästhetiken der Natur in Mortons Texten eingehender diskutiert, aber auch einige derjenigen Naturkonzepte angesprochen, die in seinen Texten unerwähnt bleiben oder in der Kritik subsumiert werden.
Zum anderen standen in der Auseinandersetzung mit den Texten »The Ecological Thought« und »Hyperobjects« die Konsequenzen von Mortons neuer Perspektivierung für Lektüre und Interpretation literarischer und filmischer Naturdarstellungen im Vordergrund. Der Fokus des Workshops lag auf der Frage, inwieweit Mortons Analysen und sein ökologisches Konzept produktive Ausgangs- und Bezugspunkte für literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge zur Diskussion eines neuen menschlichen Selbst- und Naturverständnisses im Kontext des Anthropozäns sein können.
Eva Horn · 19. Dezember 2014, 20:07 Uhr